Federico Lesley de Vries
Federico Lesley de Vries: In Paraguay geboren, in Dresden aufgewachsen, in Klausen in Südtirol seine „Lebensheimat“ (Joseph Zoderer) gefunden: Das sind die wichtigsten geografischen Positionen seines Lebens. Sein künstlerischer Weg führt ihn u. a. nach Paris, Rom, Neapel, Capri und Venedig. Ausstellungen und Würdigungen werden ihm in ganz Europa, vor allem in Italien zuteil.
Landschaften, Stillleben und Menschenbilder bestimmen sein malerisches und grafisches Werk. Die Sujets spiegeln stets seine Gemütsbefindlichkeiten. Er bleibt ein Einzelgänger in seiner kreativen Welt.
Biografie
„Federico Lesley de Vries: in Paraguay geboren, in Dresden aufgewachsen, in Klausen in Südtirol seine für ihn gültige Heimat gefunden: Das sind die wichtigsten geografischen Parameter seines Lebens.“ So beginnt der Text von Gert Ammann in der mit Sonya Hofer und Carl Kraus gestalteten und von der Stadtgemeinde Klausen heraus gegebenen Monografie.
1926 wird Federico Lesley de Vries in San Bernardino/Paraguay als Sohn des aus niederländischer Familie stammenden, in England geborenen Vaters Jan de Vries und der aus Mailand stammenden Mutter Maria Cantoni geboren. Als Waisenkind kommt er zu einem Onkel nach Dresden. Dort entschließt er sich, Maler zu werden. Nach Kriegsende will er nach Costa Rica auswandern, bleibt aber in Südtirol und ist seit dem 20. August 1945 in Klausen ansässig. Er stirbt am 28. Jänner 2012 in Bozen.
Von 1945 bis 1957 wohnt er bei der Familie Brunner in der Villa Reiserer in Klausen und bestreitet seinen Lebensunterhalt mit Restaurierungsarbeiten von barocken Altarbildern im Augustiner-Chorherrenstift Neustift, als Journalist für internationale Manuskriptagenturen und mit Restaurierungsarbeiten an der ETH Zürich und in Stein am Rhein. 1947 weilt er in Rom, 1948 in Paris, 1951 reist er nach Riccione, 1953 hält er sich in Neapel und Capri auf. Hier schreibt er viele Gedichte, die wie eine Befreiung vor der Einsamkeit in Klausen klingen. 1957 erhält er beim Wettbewerb um den Literaturpreis der Deutschen Hochseefischerei einen Anerkennungspreis; unter dem Pseudonym „Lesley Homeland“ publiziert er Gedichte; 1984 nimmt er am Kurzgeschichten-Wettbewerb für Tiroler Autoren vom Sender Bozen der RAI teil. Von 1957 bis 1962 wohnt und malt Lesley im Ansitz Ansheim, 1962 übersiedelt er in den Ansitz Griesbruck. Von 1960 bis 1970 ist er als Industriefotograf bei der Athesia Bozen vor allem für Hotelaufnahmen tätig. 1970 „erfindet“ er zusammen mit Christoph Mayr die Athesia-Werbekalender. 1972 stellt er zum ersten Mal seine Gemälde aus. Es folgt eine große Zahl von Ausstellungen in Mailand, Rom, Genua, Wien, London, Birmingham, Cheltenham, Salzburg, Monaco, Athen usw. Die vielen Auszeichnungen und Mitgliedschaften bei Akademien sind Beweise für seine Anerkennung vor allem in Italien.
Im Stadtmuseum Klausen sind vor allem Gemälde als „Erinnerungen an das Eisacktal“ mit seinen Lieblingsmotiven aus Klausen und Gufidaun präsent. Es sind für ihn Lebensbilder, Manifeste der Daseinsfreude und Hoffnung. In den Achtzigerjahren malt Lesley groß angelegte Panoramaansichten vom Augustiner-Chorherrenstift Neustift oder vom Domplatz in Brixen. Der Malduktus nimmt nun breite Farbflüsse und kräftige Akzente in den Licht- und Schattenbereichen auf. Das Panorama von Klausen mit dem Kloster Säben im Hintergrund wird für Lesley ein beliebtes Motiv. Es erinnert in manchen Gemälden in der virtuosen Malweise an Städtebilder von Oskar Kokoschka oder Sergius Pauser.
In der Sehnsucht nach dem Süden weilt Lesley 1951 in Riccione, später am Gardasee und in der Toskana und immer wieder in Venedig, wo es ihm vor allem die „Salute“ angetan hat. Es sind keine topografischen Blicke, er formuliert mit großer Lust und Freude „Capriccios“ mit viel atmosphärischen Empfindungen. Das „Meer bei Capri“ (1953) nimmt auch seine Stimmungswerte auf, fast möchte man ein wenig Melancholie spüren.
Der Ausstellungsteil im Ansitz Griesbruck ist dem „Figuralen Werk“ gewidmet. Es sind teils offizielle Porträtaufträge, teils private Anliegen, Freunde und andere Persönlichkeiten in Gemälden festzuhalten, so etwa Silvius Magnago, Luis Durnwalder, Luis Trenker, Alexander Langer, Toni Ebner, Hans Fink, Reinhold Messner, Oskar Lafontaine oder Herbert Fleissner. Vor allem Selbstbildnisse beeindrucken hier. Es sind Stimmungsbilder mit einfühlsamen Andeutungen von Befindlichkeiten, beginnend vom bisher frühest bekannten Bildnis in Rom 1947 über eine dramatische Selbstschau „Vor dem Wahnsinn“ (1948) bis zu einem späten Porträt 1969, in dem er sich wie ein Schauspieler oder Clown in dieser seiner Welt sieht. Ein kleines Kapitel ist den „Still-Leben“ aus den späten Fünfzigerjahren gewidmet; sie wirken wie in Frankreich erfahrene Konzepte. Mit einer fast liebevollen Annäherung rückt er die Früchte ins Blickfeld wie Attribute seines Daseins.
In einem großen Komplex sind „Menschen-Bilder“ evident. Es sind Bildnisse der Familie Brunner oder der Charakterkopf von „Don Schguanin“ in dessen charismatischer Erscheinung. Im Gegensatz zu dieser unmittelbaren Auseinandersetzung mit befreundeten Personen bildet Lesley „Künstler, Päpste, Politiker …“ vor allem nach Fotografien ab: Sir Winston Leonard Spencer-Churchill, Papst Paul VI. und Papst Johannes Paul II., Pablo Picasso, Giorgio de Chirico, Alberto Giacometti oder Salvatore Dalí. Im Sinne von „Standesporträts“ werden die Dargestellten in einer ihrer Bedeutung angemessenen Position evident. Lesleys Meisterschaft in der Zeichnung zeigen die skizzenhaften, aber doch als fertige Porträts existenten Tuschfederzeichnungen, etwa von Arnold Schönberg, Alberto Giacometti oder Joseph Zoderer.
In den frühen Siebzigerjahren formuliert Lesley in großformartigen Leinwänden „Szenenbilder“ wie Bildreportagen von Zeitereignissen. Nicht das Einzelschicksal von Menschen, sondern allgemeingültige Anliegen und Milieuschilderungen werden in diesen Gemälden illustriert. Mit dem großformatigen Gemälde „Woodstock 1971“ (1974) klingt diese Werkphase aus. Lesley findet für sich auch „Sinnenfreuden“: Frauenakte, die er in erotisch-sphärisches Rot des Raumes und in große Sinnlichkeit eintaucht.
Die Ausstellung wird zu einer späten Hommage an Lesley. Die Erinnerung an eine facettenreiche Künstlerpersönlichkeit ist zugleich auch eine Besinnung an ein intensives Wirken. Die Stadtgemeinde Klausen setzt Federico Lesley de Vries mit der Monografie ein bleibendes Denkmal.